Wir legen noch etwas Gewicht zu und wenn wir unsere Drohne bis 899 Gramm anfüttern, dann haben wir nochmal Glück gehabt. Dann kann sie nicht nur eine C1-Klassifizierung erhalten, sondern fliegt noch in der wünschenswerten Kategorie A1. Bei C1 kommt zum ersten Mal in der Darstellung der Anforderungen auch der menschliche Kopf zur Nennung. Die Drohne muss aus Materialien hergestellt sein und die Leistung und physischen Merkmale haben, die gewährleisten, dass bei einem Aufprall mit seiner Endgeschwindigkeit auf einen menschlichen Kopf die auf diesen übertragene Energie unter 80 Joule liegt oder alternativ die MTOM einschließlich der Nutzlast unter 900 g liegt. Dass Drohnen bei sonnenbadenden FKK-Anhängern am Strand auch ganz woanders niedergehen können, ist hier nicht relevant. Mir wäre bisher keine C1-Drohne bekannt, die sich auf die 80 Joule an Stelle der 900 Gramm berufen hätte. Wäre spannend, was da dann für ein Konstrukt dahinterstehen würde.
Auch bei C1 bleibt es bei 19 m/s bzw. dem gehobenen Stadtverkehr von 68,4 km/h.
Bei der maximalen Höhe wird zwar erneut auf eine maximal erreichbare Höhe von 120 Metern verwiesen. Aber der Text ist länger als bei C0 und das nicht ohne Grund: „Es hat eine maximal erreichbare Höhe von 120 m über dem Startpunkt oder ist mit einem System ausgestattet, das die Höhe über der Oberfläche oder über dem Startpunkt auf 120 m oder auf einen Wert begrenzt, der vom Fernpiloten eingestellt werden kann. Ist der Wert einstellbar, müssen dem Fernpiloten während des Flugs klare Angaben zur Höhe des UA über der Oberfläche oder dem Startpunkt geliefert werden.“
EXKURS: Das ist ja die Höhe
Für mich als Schleswig-Holsteiner ergeben sich aus den unterschiedlichen Formulierungen kaum Unterschiede. Hier oben sind 120 Meter eben 120 Meter. Punkt. Die paar Schafe als natürliche Erhebungen ändern daran doch nichts … so das Klischee. Doch weit gefehlt. Auch wir haben den Bungsberg und der hat eine stattliche Höhe über Normalnull von 167,4 Metern. Es ist auch nicht überliefert, ob Reinhold Messner jemals diesen Gipfel erklommen hätte. Und bis vor kurzem gab es da sogar einen Skilift.
Doch warum erzähle ich das alles? Weil die Grundidee des Gesetzgebers ist, dass sich das normale Drohnenfliegen ohne Sondergenehmigungen im Bereich bis 120 Metern über dem Erdboden abspielen soll. Damit ist der Abstand zum sonstigen Luftverkehr genügend und man kommt sich nicht in Gehege. Nun ist der Erdboden nicht völlig eben. Aber die 120 Meter gelten in der Regel trotzdem. Starte ich also auf dem Gipfel des Bungsbergs, dann könnte ich bis 287,4 Meter hoch fliegen. Aber auch nur genau dort. Fliege ich etwas vom Gipfel weg, dann bin ich plötzlich über 120 Metern über dem Erdboden. Das darf nicht und somit muss ich meine Höhe anpassen und dem Bergprofil folgend absinken. Relevant ist nach der Verordnung 2019/947 der nächst gelegene Punkt der Erdoberfläche. Das muss nicht der Boden direkt unter der Drohne sein. Fliegen wir einen Hang entlang, dann ist die Entfernung von diesem Hang aus zu sehen. Nach unten kann das Abgrund dann durchaus mehr als 120 Meter betragen.
Gemeint ist auch wirklich nur der Erdboden. Starte ich auf dem Dach eines Wolkenkratzers, dann kommt dessen Höhe nicht dazu. Sonst könnte ich plötzlich über dem Berliner Fernsehturm am Alex fast 500 Meter hoch fliegen (wenn ich die Spitze anpeile). Das zählt leider nicht. Der Boden dort ist auf 32 Metern und das ist die Basis. Einzig gibt es eine Ausnahme, wenn man Gebäude oder andere Bauwerke überfliegen muss, die höher als 120 Meter sind. Dann erlaubt der Annex zur Verordnung 2019/947 einen Korridor von 15 Metern über dem Bauerwerk zum Überqueren. Das gilt aber nur 50 Meter rund um das Bauwerk. Danach sind wieder die 120 Meter das Maß aller Dinge. Klingt kompliziert? Dann am besten gleich wieder vergessen. Denn diese Ausnahme gilt eh nur auf Antrag der für das Hindernis verantwortlichen Stellen. Der Berliner Fernsehturm bzw. dessen Betreiber müsste das also beantragen. Da bringt es wahrscheinlich wenig unten am Kassenhäuschen mal mit lieben Augen um eine Antragstellung zu betteln. Das ist eher was für Inspektionsflüge. Und dann sind Sie Profi und wussten das alles eh schon.
Aber wir wollten über die Unterschiede zwischen C0 und C1 (und darüber) sprechen. Bei C0 ist in der Verordnung einzig und allein vom Startpunkt die Rede. Drohnen mit C0-Klassifizierung müssen also die 120 Meter fest hinsichtlich des Punktes, wo die Drohne abhebt, einstellen. Eine Anpassung durch die Drohnenpiloten darf es nicht geben. Wer also einen Hang hoch fliegt, der hat dann ein Problem und spätestens wenn auch der Berg 120 Höhenmeter gemacht hat, fliegt die Drohne auf Höhe der Grasnarbe. Die praktische Lösung ist dann, einmal kurz zu landen und schon hat man die 120 Meter wieder frei. Dennoch ist das nervig und war zum Beispiel bei der DJI Mini 4 Pro als eine der ersten C0-Drohnen der Fall. Vorher hatte schon die DJI Mini 3 im voreilenden Gehorsam wohl eine ähnliche Problematik. Da die Käufer in bergigen Regionen von der festen Verdrahtung der Höhe nicht begeistert waren, schob DJI kurz danach eine pragmatische Lösung für die DJI Mini 4 nach. Wer wollte, konnte durch Firmwareupdate seine Drohne zur C1-Drohne machen. Schon waren die Einstellungsmöglichkeiten wieder da. Und da C1-Drohnen auch in der A1 Unterkategorie fliegen, gibt es kaum Gründe, bei C0 zu bleiben. Problem gelöst und die Drohne ließ sich wieder bis 500 Meter hoch fliegen. Theoretisch natürlich nur …
In der Praxis hat das ganze jedoch einen Haken. Drohnen können gar nicht wirklich den Abstand über dem Erdboden messen. Natürlich haben die meisten Drohnen auch Sensoren nach unten und zeigen beim Landen eine Entfernung an. Das sind aber nur wenige Meter, wenn überhaupt. Drüber muss die Drohne in der Regel auf ein Barometer zur Höhenmessung zurückgreifen. Und der Luftdruck ändert sich nicht dadurch, dass unter einem noch ein Berg dahin schwingt, erst recht, wenn der sich ja eher seitlich von der Drohne befindet und die Höhe nach unten dann sogar deutlich mehr als 120 Meter betragen kann (s.o.). Das ist für die C1-Klassifierzung bzw. die o. g. Formulierung kein Problem, da die ständige Höhenangabe zum Startpunkt ausreicht. Aber es liegt dennoch in der Verantwortung des Drohnenpiloten, die Höhe über dem Erdboden richtig einzuschätzen. Da wünsche ich Ihnen stets ein gutes Auge. Wie praktisch, dass Drohnen in den normalen Kategorien und Klassen nur auf Sicht geflogen werden dürfen …
Soweit der Exkurs zu Höhe und zurück in die profanen Niederungen der Vorgaben zu C1 in der Verordnung 2019/945. Wobei da vieles geschrieben steht, was wir schon von der C0-Klasse kennen: die Drohne sollte auch bei Versagen von Systemen sicher steuerbar sein, muss eine genügende mechanische Festigkeit aufweisen und die Gefahr der Verletzung von Menschen muss minimiert werden inkl. der Verhinderung eines Stromschlags. Hinzu kommt, dass bei Verlust der Verbindung zur Drohne diese wiederhergestellt werden sollte oder eine berechenbare Beendigung des Flugs vorgesehen ist. In der Regel bedeutet das, dass „Return to Home“ eingeleitet wird, die Drohne also zurück zu seinem Herrn (oder seiner Herrin) und Meister(in) zurückfliegt. Es gibt nun Vorgaben für die Lautstärke, eine physische Seriennummer muss vorhanden sein. Diese ist nicht zu verwechseln mit der Betreibernummer, über die gleich noch bei den Pflichten des Piloten bzw. Betreibers die Rede sein wird. Neu ist insbesondere aber in C1, dass eine Fernidentifizierung vorgesehen sein muss. Das bedeutet, dass die Betreibernummer, Seriennummer, geografische Position, Höhe, Streckenverlauf, Geschwindigkeit und die Position des Piloten (in der Regel eher der Startpunkt) regelmäßig übermittelt und empfangbar sind. Das bedeutet, dass Dritte diese Daten empfangen können und z. B. Ordnungsbehörden hieraus ihre Schlüsse ziehen können – oft wahrscheinlich eher zum Leidwesen des Piloten. Die Daten dürfen auch nicht änderbar sein, außer dass man natürlich selbst seine Betreibernummer einträgt.
Und wenn wir schon bei technischen Drangsalierungen sind, dann kommt noch das Geo-Sensibilisierungssystem dazu. Das bedeutet, dass die Drohne aktuelle Daten dazu erhält, wo Luftraumbeschränkungen bestehen. In einfachen Fällen erhält der Pilot nur Warnhinweise. Ist der Zugang zu dem Luftraumbereich jedoch hart beschränkt, dann wird auch die Drohne dort ihren Dienst verweigern und nicht starten oder hineinfliegen. Für viele Drohnenpiloten eine echte Prüfung ihrer Selbstbeherrschung, wenn es funktioniert aber auch eine sinnvolle Funktion, all zu gravierende Rechtsbrüche zu vermeiden. Allerdings kann man nicht den Rückschluss ziehen, dass wenn die Drohne fliegt, schon alles in Ordnung ist. Das wäre ja noch schöner …
Und schließlich müssen Warnhinweise bei niedrigem Batteriestand, ausreichend Lichter, Benutzerhandbuch und ein erneut auf 50 Meter beschränktes Follow-Me vorhanden sein.
So sei es denn bei C1.
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