Klasse bei Masse
Die Klassen C0 und C1 sind der Unterkategorie A1 zugeordnet, bei C2 ist Fliegen in der Unterkategorie A2 möglich und C3 und C4 (wie auch die etwas aus der Reihe tanzenden Klassen C5 und C6) sowie alles, was 250 Gramm oder mehr wiegt und keine Klasse aufweist gehören weit nach draußen in die Unterkategorie A3.
C0
Drohnen der Klasse C0 sind Drohnen, die weniger als 250 Gramm wiegen – einschließlich Nutzlast. Weniger als 250 Gramm bedeutet, dass 250 Gramm schon zu viel ist! Das bedeutet aber auch, dass schon ein zusätzlich angebrachter ND-Filter oder eine LED die Grenze reißen können. Und dann wird aus einer C0-Drohne nicht etwa eine C1-Drohne, sondern dann hat man ein echtes Problem. Welches? Bleiben Sie am besten bis zum Kapitel mit dem schwungvollen Namen „MTOM“ dran. Ein wenig Spannung soll ja noch bleiben.
Neben dem Gewicht ist auch die Geschwindigkeit reguliert. Mehr als 19 m/s sind nicht drin. Das entspricht aber immerhin 68,4 km/h und damit einem Autofahrer in der Stadt, der großzügig einige Prozente auf die erlaubte Geschwindigkeit draufschlägt. Auch darf die Drohne nur eine Höhe von 120 Metern über dem Startpunkt erreichen. Zu diesen Höhenangaben kann man sich wunderbar auslassen und anregende Diskussionen ausleben (Stichwort: Fliegen am Berghang). Dazu mehr im weiteren Verlauf. Dann erfahren Sie auch, warum DJI deswegen einen kleinen Shitstorm erlebt hat und wie flexibel plötzlich vermeintlich verpflichtende Regelungen sein können.
Auch zur weiteren Gestaltung der Drohne finden sich in der Verordnung 2019/945 einige Vorgaben. Schließlich sollen die Prüfer bei der Zertifizierungsstelle auch was zu tun haben. So muss die Drohne unter allen anzunehmenden Betriebsbedingungen sicher steuerbar sein. Das bezieht sich auf Stabilität, Manövrierbarkeit und Datenübertragungsleistung und soll sogar gelten, wenn eines oder mehrere Systeme ausfallen. Dass die Drohne nun den Gleitschirm ausfährt, wenn der Motor ausfällt, das wird nicht erwartet. Aber dass bei nachlassender Akkuleistung oder auch Problemen mit der Verbindung Automatismen für den Rückflug und Warnungen greifen, ist somit Pflicht.
Verletzungen von Menschen während des Betriebs müssen minimiert werden. Insbesondere sollten scharfe Kanten vermieden werden. Bitte da aber jetzt kein blindes Vertrauen haben. Der Griff in die laufenden Rotoren war schon immer und ist auch bei zertifizierten Drohnen eine sehr blöde Idee. Denn sofern nach guten Konstruktions- und Herstellungspunkten Gefahren technisch unvermeidbar sind, darf der Mensch von der Drohne auch verletzt werden. Immerhin soll ausdrücklich die Gefahr einer von den Propellerblättern ausgehenden Verletzung begrenzt werden. Begrenzt! Kurz gesagt: es tut trotzdem weh, sehr weh, wenn man Pech hat. Dann gibt es noch Vorgaben zum Strom (höchsten 24 V Gleichstrom).
Und wenn ein Follow-me Modus dabei ist und eingeschaltet wird, dann darf sich die Drohne höchsten 50 Meter vom Piloten entfernen. Das ist eine Funktion, bei der man der Drohne in der Regel über das Display mitteilt, welches Objekt sie starr im Blick behalten soll. Wenn sich dieses bewegt (wie zum Beispiel der Pilot selbst), dann fliegt die Drohne mit einem festen Abstand hinterher, bis sie keinen Bock mehr hat (also das Objekt aus dem Blick verliert) oder an einem Baum hängen bleibt. Und dieser Abstand darf maximal 50 Meter betragen. Außerdem muss es dem Fernpiloten jederzeit möglich sein, die Kontrolle über die Drohne zurückzuerlangen. Da wird es eng, wenn man gleichzeitig noch ein Auto steuert. Ein Problem damit gibt es aber auch bei autonomen Drohnen. Diese sog. Selfiedrohnen werden damit beworben, dass sie nach dem Einschalten alles automatisch machen, ohne dass noch eine Fernsteuerung vorhanden sein muss. Beispiele hierfür sind die DJI Neo oder auch die HoverAir-Drohnen. Verwechseln die spontan einen vorbeifahrenden VW Beatle mit dem Gesicht Ihres Besitzers, dann kann man nur noch hinterherwinken und traurig murmeln, dass es doch eigentlich Follow ME heißt. Ob zumindest die direkte Verbindung der Drohne mit dem Handy ausreicht, eine Kontrolle im Sinne der Verordnung anzunehmen, bleibt noch zu auszudiskutieren.
Wichtig ist noch, dass ein Informationsblatt zu geltenden Beschränkungen und Auflagen und insbesondere ein Benutzerhandbuch beiliegen. Letzteres enthält auch die schon angesprochene, sagenumwobene MTOM bzw. höchstzulässige Startmasse.
Und um Sie nun nicht noch mehr auf die Folter zu spannen, hier nun der Exkurs zu diesem Thema. Juristen mit Hang zur Penibilität gefällt das.
EXKURS MTOM
Machen wir es plastisch, was das Thema MTOM angeht: Es begab sich im Jahr 2025, dass die Firma DJI eine Drohne Namens DJI Flip auf den Markt brachte. 249 Gramm leicht. Die Grenze für die paradiesischen Flugmöglichkeiten einer C0-Zertifizierung liegt, wie gerade ausgeführt, genau bei 250g. Auf einer inzwischen nicht mehr abrufbaren Werbeseite eines Händlers wurde zum Marktstart auf die Kompatibilität der DJI Flip mit dem DJI Cellular Dongle 2 hingewiesen. Ein kleiner Zusatz, der das Fliegen auch dort ermöglicht, wo normale Controller nicht hinkommen und dann das Mobilfunknetz eingreift. Freudestrahlend wird darauf hingewiesen, dass die Drohne auch mit den 295g immer noch so kompakt sei. Aufmerksame Zuschauer haben schon festgestellt, 295g ist mehr als 249g. Und nun? Da kommt das MTOM ins Spiel. Das ist das maximale Abfluggewicht, auf Englisch viel cooler „Maximum Take-Off Mass“ genannt. Spannend ist, dass das vom Hersteller selbst festgelegt wird und in die Bedienungsanleitung geschrieben worden sein muss. Auf dieser Basis erfolgt dann die Zertifizierung. Regelungen dazu finden sich in den schon bekannten EU-Verordnungen 2019/945 und 2019/947. Vor Aufnahme des Betriebs muss der Fernpilot überprüfen, dass die Masse einer möglichen zusätzlichen Nutzlast, die die Drohne mit sich führt, nicht die vom Hersteller festgelegte MTOM oder das MTOM-Limit seiner Klasse übersteigt (UAS.OPEN.060). Verantwortlich ist also der Fernpilot. Und nach § 58 Abs. 2 Nr. 10 Luftverkehrsgesetz ist es sogar eine Ordnungswidrigkeit, wenn man sich nicht daran hält. Der hier besprochene Fall ist da noch recht einfach. Mit 295g wird aus einer C0-Lizenz nicht plötzlich eine C1-Zertifizierung. Das wäre ja noch schöner bzw. wie wir Deutschen sagen: wo kämen wir denn da hin. Das ist eine Ordnungswidrigkeit. Und selbst wenn man meint, dass dann plötzlich aus der DJI-Drohne eine Selbstbaudrohne wird, so sind wir Bereich der Unterkategorie A3. Und da muss man dahin, wo sich die Aliens in den Kornkreisen Gute-Nacht sagen: raus aufs Land, weg von allen Wohngebieten. Dahin, wo Drohnenfliegen zu einem meditativen Erlebnis wird. Aber dass durch Anbringen von Zubehör ein Selbstbau vorliegt, das glaubt wohl keiner.
Aber wo ist der rechtliche Spaß? Der kommt, wenn wir kleiner denken. Was ist denn mit einem ND-Filter mit 5 Gramm oder einem LED-Licht mit einem Gramm? Und was ist, wenn wir das ganze mit der DJI Neo durchspielen, die doch nur 135g wiegt und damit trotz all dieser Spielchen unter 250g bleiben? Jetzt kommt es: Da gilt das gleiche. 135g sind bei der Neo das MTOM und das muss eingehalten werden. Es sei denn, es wurde schon offiziell Zubehör in der Beschreibung (also in der Bedienungsanleitung und damit auch als Teil der Zerifizierung) benannt. Da ist aber in der Regel nur DJI-Zubehör aufgeführt, wenn überhaupt. Also den ND-Filter von Ebay auf die Neo gepackt, 140g abheben lassen und schwupps, schon illegal. Der Einstieg in die Kriminalität. Verhaftung, Verurteilung, sozialer Abstieg. Nicht schön, aber so ist Drohnenfliegen.
Kurz gesagt: Das vom Hersteller in der Bedienungsanleitung angegebene maximale Abfluggewicht sollte man allenfalls mit dem dort angegebenen Zubehör erhöhen. Und die starren Grenzen der Drohnenklassen sind genau das: starr. Flexibilität gibt es nicht. Um es mit einem Kanzlerkandidaten der SPD vor einigen Jahren zu sagen: Isso.
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