Und wo andere Drohnenpiloten Spaß am Fliegen haben, da habe ich den Endgegner im Blick: Fliegen 100% nach den rechtlichen Vorgaben. Ihr denkt, das geht doch gar nicht? Aber die Geschichte ist wahr. Meine Mission ist es hier auf dem Kanal zu zeigen: rechtlich sauber fliegen geht. So weh es auch tun mag.
Das Urheberrecht kann Fluch und Segen zugleich sein. Bietet es doch Künstlern die Möglichkeit, aus ihrer Kunst auch etwas Geld zu machen. Wer hingegen das Werk für eigene Zwecke verwenden möchte, fühlt sich gemaßregelt und drangsaliert. Immer wieder soll es noch Menschen geben, die Fotos aus dem Internet ziehen, selbst veröffentlichen und sich dann wundern, wenn sie Post vom Anwalt bekommen. Und überliefert ist die Geschichte einer Schulklasse, die nach der Rückkehr von der Klassenfahrt nach Paris ebensolche unliebsame Post erhalten habe. Und das nur, weil sie Fotos vom Eiffelturm auf die Homepage gepackt hatten? Kann das sein?
Ja, kann es. Der Eiffelturm ist unzweifelhaft ein besonderes Bauwerk. Solche aufwändigen und künstlerischen Gebäude sind Baukunstwerke und damit urheberrechtlich geschützt. Gut für die Schulklasse, dass der Erbauer Gustav Eiffel lang genug tot ist, dass er noch Urheberrecht geltend machen könnte. Schlecht für die Klasse, dass sie den Eiffelturm nachts aufgenommen hat und die Beleuchtung ein eigenes Kunstwerk ist, dessen Erschaffer wahrscheinlich noch lebt.
Hätte das auch beim Gemeindehaus von Quickborn passieren können? Nein! Denn im Gegensatz zu Frankreich haben wir in Deutschland ein recht weitgehendes Recht der Panoramafreiheit. Konkret steht in § 59 Abs. 1 Urhebergesetz: „Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.“ Nach § 63 UrhG sollte dazu zwar auch noch die Quelle des Werks angegeben werden. Aber immerhin. Was ist von öffentlichem Grund aus sehen kann, das darf ich auch fotografieren und die Fotos sogar veröffentlichen. Das Werk muss dabei nicht einmal selbst auf öffentlichem Grund stehen. Über Hecken fotografieren ist übrigens nicht, zumindest nicht, wenn ich dazu auf eine Leiter steigen muss.
Was lernen wir daraus? Am besten mit Schülern mit Influencer-Ambitionen besser in Deutschland bleiben (oder in ein Land mit Panoramafreiheit reisen, wie z. B. Österreich, wo sogar Innenräume teilweise darunterfallen – was ist Deutschland nicht der Fall ist). Aber was lernen wir als Drohnenpilot daraus?
Klare Antwort: nichts! Langezeit gab es durchaus die beliebte und teilweise gerichtlich gestützte Ansicht, dass doch auch der Luftraum frei sei und daher dort nichts anderes als die Panoramafreiheit gelten dürfe. Reinhard Mey darf sich nicht geirrt haben. Über den Wolken sollte die Freiheit grenzenlos sein. Naja, das war sie natürlich seit Einführung der Luftverkehrsgesetze schon lange nicht mehr. Aber grenzenlos fotografieren wird man doch noch dürfen? Naja, das dufte man schon seit Bestehen der Datenschutzgesetze nicht. Aber wenn etwas ein schönes Panorama bietet, dann doch wohl der Blick von einer Drohne aus. Das ist doch der Inbegriff der Panoramafreiheit.
Das sah im Oktober 2024 der Bundesgerichtshof so gar nicht. Zu seinem Urteil (Az. I ZR 67/23) steht gleich am Anfang der Pressemitteilung: „Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass unter Zuhilfenahme einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken nicht der Panoramafreiheit unterfallen.“ Rumms. Da kann Reinhard Mey die Kamera sofort wieder einpacken. Abgestellt wird darauf, dass die Panoramafreiheit auf dem von der Allgemeinheit wahrnehmbare Straßen- und Landschaftsbild fußt. Da die Allgemeinheit in der Regel beim Wochenendspaziergang nicht in die Luft geht, sollen Verwertungsmöglichkeiten von oben beim Urheber verbleiben. Das hatte man übrigens auch vorher schon für Blicke aus Hochhäusern und von schon erwähnter Leiter entschieden.
Ein ganz klein wenig Hoffnung ziehen viel Kommentatoren daraus, dass es in dem Urteil ja „nur“ um eine Kunstinstallation auf einer Wiese geht und dass in dem Urteil nichts von Baukunstwerken steht. Wann hat man als normaler Drohnenpilot schonmal ein echtes aktuelles Kunstwerk umflogen? Schließlich ist es mit dem Urheberrecht in Deutschland vorbei, wenn der Urheber 70 Jahre tot ist. Viele Denkmäler etc. wären damit aus der Urheberrechtsfrage raus. Aber § 59 Abs. 1 Urhebergesetz macht eben keine Unterschiede zwischen Kunstinstallationen und Gebäuden. Bei denen ist nur die Hoffnung, dass sie oftmals die notwendige Schöpfungshöhe für den Schutz nicht erreichen. Das bedeutet, die Rechte aus dem Urhebergesetz gibt es nur, wenn man da auch was Besonderes fabriziert hat. Plattenbauten und einfaches Reihenhaus gehören wohl nicht dazu. Aber wo ist die Grenze? Muss erst Banksy kommen und was aufs Dach sprühen oder reicht eine kunstvoll arrangierte Photovoltaik-Anlage? Hoffen wir mal, dass die, die das BGH-Urteil nur auf Kunstinstallationen beziehen, Recht haben. Denn sonst darf nur noch über Reihenhaussiedlungen von der Drohne aus fotografiert werden (was natürlich auch nur geht, wenn die Drohne unter 250g wiegt und alle in der Siedlung zugestimmt haben. Aber das ist ein Thema einer anderen Folge von Spaß mit Drohnenrecht.
Klargestellt sei an dieser Stelle jedoch nochmal, dass die oben genannten urheberrechtlichen Normen nur beim Vervielfältigen, Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen zur Anwendung kommen. Werden die Aufnahmen nur für das private Album geschossen, muss man sich zumindest zu diesem Thema im Urheberrecht keine Gedanken machen. Es bleiben ja noch genügend Fallstricke aus den anderen Rechtsgebieten …
Und Sie haben keinen Bock auf Drohnenaufnahmen von ihrem Haus? Dann machen Sie es wie die Franzosen. Dauerhaft alle Lichter im Takte von La Cucaracha flackern lassen und hoffen, dass das der BGH in einigen Jahren als Kunst anerkennt.
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