Sich beim Fliegen einer Drohne auf sein Bauchgefühl zu verlassen, ist nicht immer die beste Idee. Wessen Bauch kann schon Bundeswasserstraßen oder Naturschutzgebiete erkennen? Doch manchmal liegt man auch mit gefühltem Drohnenrecht richtig. In unmittelbarer Nähe startet gerade eine Boing 747? Das Gefühl sagt, lass es mit dem Drohnenfliegen und das Gefühl hat absolut recht. Und dieses seltsame Grummeln in der Magengegend kommt spätestens wieder, wenn wir vor einem Gebiet stehen, bei dem die Deutschlandflagge weht, obwohl gar keine EM oder WM ist und dann noch jemand mit Waffe dort patrouilliert. Ja, hören Sie auch dort auf ihr Gefühl – und vielleicht sogar darüber hinaus. Doch der Reihe nach.
Militärische Anlagen und Organisationen sind in § 21h Abs. 3 Nr. 3 LuftVO erwähnt. Vorgeschrieben ist ein Abstand von 100 Metern, sofern keine ausdrückliche Zustimmung vorliegt. Dabei gibt es auch keine 1:1-Regel, wie sie etwa bei Bundesfernstraßen Bundeswasserstraßen oder Bahnanlagen gilt. Beim Militär sind 100 Meter eben 100 Meter. Punkt. Da kann man nicht sagen, dass man ja nur 50 Meter hoch fliege und daher auch auf 50 Meter ran dürfte. Also einfach ein paar Schritte zurückgehen und hoch die Drohne? Ganz so einfach ist es leider oft nicht.
Doch zunächst ein Blick auf die Frage, was militärische Anlagen und Organisationen sind. Deutschlandflagge und bewaffnete Wache davor sind schon gute Indizien. Typischerweise sind das Kasernen, Munitionsdepots, Übungsplätze, Bundeswehrkrankenhäuser, Bundeswehr-Universitäten und natürlich auch Militärflugplätze und -häfen. Aber gerade die „Organisationen“ kommen manchmal recht unscheinbar daher. Das können einfache Verwaltungsgebäude sein, wo Stabsstellen und Ämter untergebracht sind. Wie so oft im Drohnenfliegerleben lohnt dazu ein Blick in die Karten von etwa Droniq bzw. dipul oder auch DrohneMaps24. Bei mir in der Gegend gibt es z. B. auch ein kleines unscheinbares Gebäude direkt an der Kieler Förde mit überwuchertem Dach, das tatsächlich auch eine niedliche schnuckelige militärische Anlage darstellt. Schade eigentlich. Aber warum sollen nicht auch Bundeswehrmitarbeiter einen schönen Ausblick haben.
Wie ich schon angedeutet habe, ist das mit den 100 Metern Abstand mit Vorsicht zu genießen. Denn über das ganze Bundesgebiet verteilt sind auch noch Luftsperrgebiete und Gebiete mit Flugbeschränkungen nach § 17 LuftVO. Und diese Gebiete sind teilweise wirklich groß. Und mit groß meine ich nicht nur noch ein paar 100 Meter mehr. Die können ganze Landstriche umfassen. Der Grund dafür ist oft, dass in den Gebieten regelmäßig militärische Tests und Übungen stattfinden. Blöd, wenn Sie gerade dort wohnen. Also vor dem Umzug nicht vergessen, in die o.g. Karten zu schauen. Bei Gebieten mit Flugbeschränken (auch von Behörden gerne liebevoll ED-R genannt) kann man immerhin eine Durchfluggenehmigung beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung beantragen. Das geht dann seinen behördlichen Genehmigungsgang und kann laut Eigenaussage des Amts 8 Wochen dauern. Im Zweifel ist dann das gute Flugwetter durch. Aber hey, Vorfreude ist doch die schönste Freude. Und auch hier gilt übrigens, dass die Beschränkungen in der Regel ab GND gelten. Diese Angabe finden Sie z. B., wenn Sie bei dipul auf so ein Gebiet klicken. Das bedeutet „Ground“ und damit nichts anderes, als dass alles über Grasnarbe zu hoch ist. Auch die Selfiedrohne darf hier nicht starten.
Funfact: Auch über dem Regierungsviertel und der Wartburg gibt es Gebiete mit Flugbeschränkungen. Nur, falls Sie mal Urlaub in Thüringen machen sollten.
Und wenn Sie schon dabei sind und sich in aktuelles Kartenmaterial einlesen, dann sollten Sie auch die NOTAMs im Blick behalten. Die stellt die Deutsche Flugsicherung stets aktuell bereit. NOTAM bedeutet Notice for Airmen oder je nach Geschmack auch Notice for Air Missions. Letzteres klingt auch viel cooler. Die Partnerin oder der Partner ist mal wieder genervt, dass Sie am Wochenende zum Drohnenfliegen davon ziehen. Sagen Sie beim nächsten Mal, sie hätten eine Mission. Vielleicht ist dann zum Abschied sogar noch ein vermeintlich letzter Kuss mit drin. Doch bevor sich die NOTAM von selbst zerstört (nach Ablauf versteht sich), sei erwähnt, dass es sich dabei um Anordnungen und Informationen über temporäre oder auch permanente Änderungen im Luftraum handelt. Das betrifft dabei nicht nur Flüge nach Russland, sondern kann auch ganz lokale Besonderheiten betreffen. Etwa wenn ein Heißluftballontreffen in der Gegend stattfindet oder aber auch militärische Übungen etwa mit Helikoptern geplant sind. Schauen Sie sich ein NOTAM genauer an, finden Sie darin etwas verklausuliert auch Angaben zum Ort, wann die Einschränkung gilt (das kann auch nur einige Stunden am Tag sein) und auch die Höhenangaben. Am ärgerlichsten für Drohnenpiloten ist da wieder die Angabe GND – kein Starten erlaubt.
Leider sind wir damit noch nicht am Ende dieses Kapitels. Es gibt noch den § 109g Strafgesetzbuch. In Absatz 2 heißt es dort: „Wer von einem Luftfahrzeug aus eine Lichtbildaufnahme von einem Gebiet oder Gegenstand im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes anfertigt oder eine solche Aufnahme oder eine danach hergestellte Abbildung an einen anderen gelangen läßt und dadurch wissentlich die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft…“ Das bedeutet, dass auch wenn kein Gebiet mit Flugbeschränkungen vorliegt und Sie die 100 Meter Abstand zur Kaserne einhalten, es zu Problemen kommen kann – nämlich dann, wenn Luftbildaufnahmen erzeugt werden bzw. die Kamera Ihrer Drohne zum Einsatz kommt und sie damit zu einer militärischen Einrichtung rüber fotografieren. Nicht jeder Drohnenpilot mit DJI-Drohne wird damit gleich für zwei Jahre weggesperrt und Sie müssen für diesen Fall keinen vorab gepackten Koffer bereithalten. Aber dennoch viel Spaß bei der Diskussion, ob Sie gerade wissentlich die Sicherheit von Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet haben. Bei Wald- und Wiesenkasernen, die von oben auch nicht mehr preisgeben als von der Straße aus, sehe ich da weniger Probleme. Auch die Gorch Fock, das Segelschulschiff der Bundesmarine, dürfte bei der Windjammerparade der Kieler Woche problemlos fotografiert werden dürfen (aber Achtung: die fährt da auf einer Bundeswasserstraße). Maßgeblich ist laut Rechtsprechung die militärische Brisanz. Truppenübungen mitfilmen oder Waffendepots beim Verladen beobachten? Schlechte Idee. Das muss zwar mit Vorsatz geschehen, aber das ist auch dann der Fall, wenn ich die Gefährdung billigend in Kauf nehme. Ein „und wenn schon“ reicht. Aufnahmen für private Zwecke fallen nicht darunter. Aber das diskutieren Sie in der heutigen Zeit mal aus.
Also: lieber reichlich Abstand zu militärischen Einrichtungen einhalten. Das entspannt und macht den Drohnenpiloten und die Truppe glücklich.
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